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Epilepsietherapie vor 200 Jahren (1823; Abb. 1)

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Posterstation 6

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Epilepsietherapie vor 200 Jahren (1823; Abb. 1)

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Mitwirkende

Günter Krämer (Zürich / CH)

Abstract

Abstract-Text (inklusive Referenzen und Bildunterschriften)

Carl (Karl) Georg Heinrich Westphal (* 1784 in Halberstadt; † 1861) war ein deutscher Arzt und Verfasser zahlreicher populärmedizinischer Schriften. Er studierte Medizin in Halle und ließ sich danach in Quedlinburg bei Magdeburg (heute: Sachsen-Anhalt) nieder, wo er bald in erster Linie schriftstellerich tätig war und mehr als 40 Broschüren und Bücher verfasste, teilweise unter dem Pseudonym Fr.iedrich Richter) [1]. Vor genau 200 Jahren veröffentlichte er anonym ein kleines Buch mit dem Titel "Die gewissesten und bewährtesten Heilmittel gegen die Fallsucht. Zum Besten aller an dieser Krankheit Leidenden aus den Schriften der vorzüglichsten in- und ausländischen Aerzte zusammengetragen von einem praktischen Arzte" [2].

Auf 126 Seiten (inklusive eines sechsseitigen Anhangs mit Rezeptformeln) befassen sich die ersten 5 der insgesamt 10 Kapitel mit einer Darstellung des seinerzeitigen Wissens über Epilepsie, bevor auf die Behandlung eingegangen wird: 6. "Verfahren vor und während des Anfalls der Epilepsie", 7. "Heilung der Epilepsie durch Hebung ihrer veranlassenden Ursachen", 8. "Heilung der Fallsucht durch Diät und Arzneimittel, nach Maßgabe der allgemeinen körperlichen Constitution des Kranken", 9. "Heilung der Fallsucht durch spezifische Mittel" und 10. "Heilung der Fallsucht durch Erregung von Leidenschaften und durch Erzeugung anderer Krankheiten".

Aus jedem dieser fünf Kapitel werden Behandlungsempfehlungen vorgestellt, so z.B. während eines Anfalls "einige stinkende Sachen, als Asand (asa foetida), eine angebrannte Feder, oder eine angebranntes Stück Leder" unter die Nase zu halten (Kap. 6). Zur Lebensführung und Ernährung wird empfohlen: "Der Kranke muß … alles vermeiden, was sein Blut- und Nervensystem aufregen und einen Andrang der Säfte nach dem Kopfe erzeugen kann. Daher muß er Gemüthsaffekte, anhaltende Anstrengungen des Kopfes, …, den Genuß spirituöser Gentränke, Schwelgereien und Berauschnungen vermeiden und fliehen". Als spezifische, nur unter ärztlicher Aufsicht anzuwendende Mittel (Kap. 9) werden u.a.aufgeführt: Blausäure, essigsaures Blei, Fingerhutblätter, Mohnsaft, Phosphor, Stechapfelextrakt, Tabakblätter, Terpentinöl und Tollkirche. Als besser verträgliche werden u.a. Baldrianwurzel, Kamillenblumen, Mistel, Moschus, Päonienwurzel, Pommeranzenblätter und Zinkblumen erwähnt. Kap. 10 wird wie folgt eingeleitet: "Die Erregung der Leidenschaften, der Furcht, des Schrecks, des Abscheus und such selbst der Liebe, ist im Stande, das ganze Nervensytsem umzustimmen und dadurch kann allerdings die Fallsucht geheilt werden".

Diese kompilatorische Schrift erschien 50 Jahre nach dem ersten systematischen Epilepsie-Lehrbuch des Schweizers Samuel Auguste Tissot [3] und drei Jahrzehnte vor der Entdeckung der antikonvulsiven Wirkung von Brom. Das Werk wird im Kontext des frühen 19. Jahrhunderts gewürdigt.

1) Hirsch A, Hrsg. Biographische Lexikon hervorragender Aerzte aller Zeiten und Völker, Band 6. Wien, Urban & Schwarzenberg 1888: 253

2) Anonym (Westphal C). Die gewissesten und bewährtesten Heilmittel gegen die Fallsucht. Zum Besten aller an dieser Krankheit Leidenden aus den Schriften der vorzüglichsten in- und ausländischen Aerzte zusammengetragen von einem praktischen Arzte. Quedlinburg und Leipzig, G. Basse 1823

3) Tissot (SA). Traité de l"Épilepsie. Paris, Didot 1770; deutsch Abhandlung von der Epilepsie oder fallenden Sucht 1771; Neuausgabe mit Einführung von G. Krämer und K. Karbowski. Nijmegen, Arts & Boeve 1999

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