Tobias Baumgartner (Bonn / DE), Moritz Freyberg (Bonn / DE), Chirstian G. Bien (Bielefeld / DE), Anna Rada (Bielefeld / DE), Klaus-Peter Wandinger (Kiel/Lübeck / DE), Christine Strippel (Münster / DE), Stjepana Kovac (Münster / DE), Harald Prüss (Berlin / DE), Rosa Rößling (Berlin / DE), Franziska S. Thaler (München / DE), Katharina Eisenhut (München / DE), Jan Lewerenz (Neurologische Klinik / DE), Felicitas Becker (Neurologische Klinik / DE), Raphael Reinecke (Frankfurt a. M. / DE), Michael Malter (Köln / DE), Kurt-Wolfram Sühs (Hannover / DE), Simone C. Tauber (Aachen / DE), Felix von Podewils (Greifswald / DE), Theodor Rüber (Bonn / DE), Albert J. Becker (Bonn / DE), Julika Pitsch (Bonn / DE), Frank Leypoldt (Kiel / DE; Kiel/Lübeck / DE), Rainer Surges (Bonn / DE)
Abstract-Text (inklusive Referenzen und Bildunterschriften)
Einleitung: Patienten mit Autoantikörpern gerichtet gegen leucine-rich glioma-inactivated 1 (LGI1) präsentieren sich typischerweise mit fokalen Anfällen, faziobrachialen dystonen Anfällen und neuropsychiatrischen Störungen1,2. Die Anfälle sprechen in der Regel nicht oder nur inkomplett auf eine antikonvulsive Therapie an. Im Gegensatz dazu kann in vielen Fällen Anfallsfreiheit durch eine immunsuppressive Therapie (IT) erreicht werden3,4, jedoch persistieren kognitive Defizite5 und bis zu 40 % der Patienten entwickeln im Verlauf einen Rückfall der Erkrankung6. Der Anteil der Patienten, die, wahrscheinlich in Folge der neuronalen Schädigung durch die akute Entzündung, eine chronische Epilepsie entwickeln, variiert laut aktueller Studien stark6,7,8. Ziel unserer Studie ist es, das Langzeit Anfalls-Outcome von Patienten mit LGI1-Enzephalitis zu erfassen. Zudem sollen Biomarker für eine verzögerte Response auf die IT identifiziert werden.
Materialien und Methoden: Es wurden retrospektiv Patienten mit LGI1-Enzephalitis über GENERATE (German NEtwork for REsearch on AuToimmune Encephalitis) identifiziert. Einschlusskriterien waren das Auftreten von Anfällen und eine Follow-up Zeit von mindestens 24 Monaten. Umfangreiche Daten zum zeitlichen Verlauf der Erkrankung und des Auftretens der Anfälle lagen für alle Patienten vor. In die Studie einbezogen wurden zudem eine Vielzahl von klinischen und diagnostischen Parametern.
Ergebnisse: Es wurden 100 Patienten mit LGI1-Enzephalitis mit einer medianen Follow-up Zeit von 48 Monaten (range 24-222 Monate) eingeschlossen. Alle Patienten der Kohorte erhielten eine IT. Während beim letzten Follow-up 90 Patienten Anfallsfreiheit erreichten (60% unter antikonvulsiver Therapie), litten zehn Patienten weiterhin an Anfällen. Anfälle persistierten im Median 13 Monate (range 1-147 Monate), nach Beginn der IT im Median noch für 7 Monate (range -11–143 Monate). Ein späterer Beginn einer IT war mit einer längeren absoluten Anfallsperiode assoziiert. Es zeigte sich jedoch kein signifikant schlechteres Ansprechen auf eine IT bei verzögertem Therapiebeginn. Nach Erreichen eines anfallsfreien Intervalls von mindestens sechs Monaten, zeigten nur acht Patienten ein Wiederauftreten von Anfällen. Das Auftreten erneuter Anfälle nach Erreichen dieses anfallsfreien Intervalls war mit fortbestehenden Anfällen beim letzten Follow-up assoziiert. Patienten mit längeren Anfallsperioden wiesen vermehrt persistierende kognitive Defizite auf. Derzeit werden verschiedene Merkmale und Faktoren im Hinblick auf ihre Assoziation mit dem Ansprechen auf die Immuntherapie analysiert.
Zusammenfassung: Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen ein gutes Anfalls-Outcome von Patienten mit LGI1-Enzephalitis. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass 60% der anfallsfreien Patienten beim letzten Follow-up weiterhin eine antikonvulsive Medikation einnahmen. Bei 10% der Patienten in unserer Kohorte ist die Entwicklung einer pharmakoresistenten Epilepsie anzunehmen. Somit zeigen unsere Ergebnisse ein günstigeres Anfalls-Outcome als jüngere Publikationen, die die Entwicklung einer pharmakoresistenten bzw. chronischen Epilepsie bei 20-29% der Patienten sahen6,8, aber ein ungünstigeres als bei der Arbeit von de Bruijn et al.7, in der lediglich 3% der Patienten eine Epilepsie entwickelten.