Norma Diel (Gießen / DE), PD Dr. med. Stefan Gerner (Gießen / DE), Omar Alhaj Omar (Gießen / DE), PD Dr. Johannes Kalder (Gießen / DE), Enikö Manz (Gießen / DE), Professor Tobias Struffert (Gießen / DE), Thomas Brueckner (Gießen / DE), Prof. Dr. Dr. med. Hagen B. Huttner (Gießen / DE), Prof. Dr. Thorsten Döppner (Gießen / DE)
Abstract-Text (inkl. Referenzen und Bildunterschriften)
Hintergrund
Tandemverschlüsse der zervikalen A. carotis interna (ACI) und der A. cerebri media stellen eine Herausforderung für die endovaskuläre Thrombektomie (EVT) dar, da der proximale Verschluss den Zugangsweg zur intrakraniellen Okklusion blockiert. Um betroffene Patienten dennoch behandeln zu können, bedarf es Alternativen zur konventionellen Intervention, da diese bereits extrakraniell häufig langwierig ist und – wenn überhaupt erfolgreich – oft ein Stenting der ACI notwendig ist. Eine bislang nur wenig beschriebene Therapieoption ist ein direkter chirurgischer Zugang zur ACI, gefolgt von einer Endarteriektomie und anschließend einer EVT. Die Machbarkeit und Effektivität eines solchen kombinierten Eingriffs sollten im Rahmen einer Fallserie untersucht werden.
Methoden
Aus dem Gießener Schlaganfallregister (GIST) wurden über 5 Jahre Patienten mit Tandemverschlüssen identifiziert, die einem kombiniert chirurgisch-endovaskulären Eingriff in Vollnarkose in der Angio-Suite unterzogen wurden. Es wurden demographische Daten, Schlaganfallcharakteristika, Eingriffe inkl. Prozesszeiten und klinische Nachuntersuchungen erfasst.
Ergebnisse
Vier Patienten erhielten eine interdisziplinäre Behandlung in der Angio-Suite unter wechselnder Leitung eines gefäßchirurgischen und eines neuroradiologischen Teams. Die ersten beiden Patienten erhielten als individuellen Rescue-Ansatz einen chirurgischen Zugang, nachdem die endovaskuläre ACI-Katheterisierung frustran war und sonst ein Hemisphäreninfarkt resultiert hätte. Die beiden weiteren Patienten erhielten einen direkten chirurgischen Zugang. Bei allen Patienten wurde intrakraniell eine erfolgreiche Rekanalisierung (TICI ≥2b) erreicht. Ein Patient erlitt eine Dissektion, die während des Eingriffs mittels Stents behandelt werden musste. Die 7-Tage Überlebensrate war 75%; allerdings entwickelten 3 der Patienten noch intrahospital ein Multiorganversagen und es erfolgte eine Therapiezieländerung.
Schlussfolgerung
Ein kombiniert chirurgisch-endovaskulärer Eingriff kann in dem hier erprobten interdisziplinären Setting eine erfolgreiche Rekanalisation ermöglichen, wenn eine konventionelle EVT aufgrund eines Tandemverschlusses nicht durchführbar ist. Größere Patientenkohorten sind erforderlich, um entscheiden zu können, ob ein kombinierter Eingriff eher als Rescue-Ansatz bei frustranem endovaskulären Versuch etabliert werden, oder für bestimmte Patienten sogar als Erstlinientherapie zum Einsatz kommen sollte.