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Wo ist die Grenze zwischen Elternrecht und Kinderschutz im Rahmen einer personalisierten Behandlung?

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Wo ist die Grenze zwischen Elternrecht und Kinderschutz im Rahmen einer personalisierten Behandlung?

Session

Thema

  • Pädiatrische Epileptologie

Mitwirkende

Charlotte Thiels (Bochum / DE), Cornelia Köhler (Bochum / DE), Sabine Hoffjan (Bochum / DE), Huu Nguyen (Bochum / DE), Natalie Bechtel (Bochum / DE), Thomas Lücke (Bochum / DE)

Abstract

Abstract-Text (inklusive Referenzen und Bildunterschriften)

Einleitung:

Bei bekannter Ätiologie der Epilepsie ist im günstigsten Fall eine gezielte(re) medikamentöse Behandlung möglich. Bei Nachweis einer Mutation im SCN1A-Gen und klinisch Verlauf eines Dravet-Syndroms stehen Valproinsäure (VPA), Stiripentol und Clobazam als Mittel der 1. Wahl, Cannabidiol, Bromid und Fenfluramin als "Eskalation" zur Verfügung. Wir berichten über ein Mädchen mit im Verlauf Nachweis einer Mutation im SCN1A-Gen, klinisch rezidivierende Status epilepticii, u.a. Fieber-getriggert. Die somit eindeutige Empfehlung, von Levetiracetam (LEV) auf VPA zu wechseln, wurde von den Eltern verweigert mit zuletzt klarer Kindsgefährdung. Eine Anzeige nach §8a SGB VIII wurde diskutiert.

Fallbericht:

3./3 Kindern gesunder, nicht-verwandter Eltern arabischer Herkunft, keine Sprachbarriere, Vater Beamter im Staatsdienst.

Epilepsie-Anamnese: 4. LM 1. Krampfanfall als Status epilepticus (SE), Beginn motorisch fokal, dann bilateral tonisch-klonisch, ohne Fieber im Rahmen einer Rotavirusinfektion (Befunderhalt im Verlauf). Während der Infektion ein 2. Krampfanfall aton und Schmatzen. Diagnostik: Virologie/Bakteriologie, Schädel-MRT und Stoffwechseldiagnostik PlasmaUrin/Liquor, bis auf Rotavirus-Antigen/Stuhl unauffällige Befunde. Nach 3. Rezidiv (4 Minuten Dauer) Therapie mit LEV. Weitere 2 an Fieber oder erhöhte Körpertemperatur gebundene, motorisch uni- oder bilaterale SE, einmal mit Todd´scher Parese folgten und waren durch Benzodiazepin unterbrechbar. Aufdosierung von LEV aufgrund der Rezidive geplant bis 60mg/KG/tgl., Eltern max. 50mg/KG/tgl. verabreicht. Aufgrund der Krampfrezidive jeweils in Form eines SE in zeitlich kurzen Abständen wurde ein Antrag für genetische Epilepsie-Diagnostik bei der privaten Krankenkasse gestellt (insbes. SCN1A-Gen).

Im Rahmen des 6. Krampfrezidivs als SE respiratorische Partialinsuffizienz, deshalb ohne gesicherte Kostenzusage Durchführung der Genetik vom Humangenetischen Institut der RUB. SCN1A-Gen: Exon 17 c.2546C>A, p.(Ser849*), heterozygot, verfrühtes Stopp-Codon.

Umfassende Aufklärung der Eltern, dass aufgrund Schwere (SE), Häufigkeit und Bindung an erhöhte Körptemperatur der Krampfanfälle ein Dravet-Syndrom sehr wahrscheinlich und ein Therapiewechsel auf VPA unbedingt empfohlen ist. Aufklärung über deutlich erhöhtes SUDEP- und Risiko von Folgeschäden oder letalem Ausgang bei SE. Bestätigung der Therapieempfehlung durch Kollegen als Zweitmeinung.

Die Eltern stimmten der Umstellung auf Valproinsäure nicht zu. Nächster SE mit ausgeprägterer respiratorischer Partialinsuffizienz. Eltern willigten in Umstellung ein, setzten diese nicht um. Im Team sowie im Austausch mit Kinderarztpraxis wurde die Situation als Kindeswohlgefährdung eingestuft. Wir informierten die Eltern, dass – sofern ein weiteres solches Ereignis erfolgen sollte – eine Meldung beim Jugendamt erfolge. Nach erneutem SE, unterbrechbar durch rekal Diazepam, Aufdosierung von VPA p.o.. Eltern verlangsamten eigenmächtig das Aufdosierungstempo. Während Aufdosierung 8. SE (9. Anfall): respiratorische Globalinsuffizienz, Notwendigkeit eines ossären Zugangs. VPA-Aufdosierung i.v..

Schlussfolgerung:

Dieser Verlauf wirft die Frage auf, ab wann die Verweigerung einer nach wissenschaftlichem Stand geeigneteren antikonvulsiven Medikation den Zustand einer Kindeswohlgefährdung darstellt. Die Anzeige nach §8a SGB VIII wäre in diesem Fall zu rechtfertigen gewesen aufgrund der Schwere und Lebensbedrohung durch die Krampfanfälle.

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