Clemens Lang (Wien / AT), Silvia Winkler (Wien / AT), Johannes Koren (Wien / AT), Martin Huber (Wien / AT), Tilmann Kluge (Wien / AT), Christoph Baumgartner (Wien / AT)
Abstract-Text (inklusive Referenzen und Bildunterschriften)
Einleitung
Der Austausch von EEG-Daten zwischen medizinischen Institutionen wird durch eine Vielzahl meist proprietärer herstellerspezifischer EEG-Dateiformate erschwert. Darüber hinaus lassen sich diese Formate meist nicht gut in die bestehende Krankenhausinfrastruktur wie die elektronische Patientenakte (EPA) und Langzeitspeichersysteme integrieren.
Einerseits kann der fehlende Zugriff auf EEG-Daten zu wiederholten und möglicherweise redundanten EEG-Aufzeichnungen führen, wenn Patienten den Gesundheitsdienstleister wechseln oder an tertiäre Zentren überwiesen werden. Andererseits können dadurch relevante EEG-Informationen für die Behandler unzugänglich sein.
Die Speicherung medizinischer Bilddaten ist in der Radiologie seit langem durch den DICOM(Digital Imaging and Communication in Medicine)-Standard vereinheitlicht. Durch die Arbeit der DICOM Working Group 32 wurde nun ein Standard für die Speicherung von neurophysiologischen Daten als Waveform-Objekten in DICOM entwickelt und im Jahr 2020 veröffentlicht [1, 2]. Dieser wurde aber bisher nicht in die klinische Praxis überführt, weshalb das Pilotprojekt "EEG to DICOM" an unserem spezialisierten Epilepsiezentrum in Kooperation mit SIGMA Software Solutions OG und dem AIT Austrian Institute of Technology GmbH gestartet wurde.
Ziele
Die automatisierte Archivierung und Bereitstellung von EEG-Daten im interoperablen DICOM-Format durch Anwendung des DICOM-Neurophysiologie-Standards.
Material & Methoden
Implementierung eines Workflows zur automatisierten Konvertierung von EEG-Daten von einem proprietären Hersteller-Format in das standardisierte DICOM-Format als Waveform-Objekte; 1) EEG-Aufzeichnungen, zugehörige Videos und Metadaten wurden aus dem proprietären Hersteller-EEG-Archiv importiert und automatisiert in DICOM konvertiert, 2) die konvertierten Daten wurden im zentralen DICOM-Archiv des Wiener Gesundheitsverbunds (WIGEV) archiviert und mit der EPA verknüpft, 3) die Verfügbarkeit und das Anzeigen der DICOM-EEG-Daten über die EPA wurde überprüft.
Ergebnisse
Mehr als 200 Langzeit-Video-EEG-Aufzeichnungen und 3000 Routine-EEG-Aufzeichnungen einschließlich synchronisiertem Video und Anmerkungen wurden erfolgreich in das DICOM-Format konvertiert. Diese Daten wurden in weiterer Folge über die EPA verfügbar gemacht und konnten so herstellerunabhängig betrachtet werden.
Zusammenfassung
Wir zeigen am Beispiel von EEG-Daten, dass die Anwendung des DICOM-Standards für neurophysiologische Daten in der klinischen Praxis umsetzbar ist und durch bestehende DICOM-Infrastruktur erleichtert wird. Infolgedessen wird ein herstellerunabhängiger Zugriff auf EEG-Daten über die EPA ermöglicht.
Unser Projekt stellt die weltweit erste Implementierung des DICOM-Neurophysiologie-Standards dar, fördert dadurch die Standardisierung im Bereich der Neurowissenschaften und verbessert den klinischen sowie wissenschaftlichen Datenaustausch zwischen medizinischen Institutionen signifikant. Durch die Konvertierung von Bestandsdaten wird auch der Zugriff auf ältere Aufzeichnungen in einem interoperablen, herstellerunabhängigen Format ermöglicht.
Literatur
Halford, J.J., et al., Standardization of neurophysiology signal data into the DICOM(R) standard. Clin Neurophysiol, 2021. 132(4): p. 993-997. NEMA PS3 / ISO 12052. DICOM WG-32: Neurophysiology Data. Available from: https://www.dicomstandard.org/activity/wgs/wg-32.Abbildung 1. Schematischer Ablauf der Konvertierung der EEG-Daten von Herstellerformaten zu DICOM EEG.