Alexander Nelde (Berlin / DE), PD Dr. Benjamin Hotter (Berlin / DE), MD Christian H. Nolte (Berlin / DE), MD Jan F. Scheitz (Berlin / DE), Markus G. Klammer (Berlin / DE), Dr. Michael Krämer (Berlin / DE), PD Dr. med. Franziska Scheibe (Berlin / DE), Prof. Dr. Matthias Endres (Berlin / DE), Prof. Dr. med. Andreas Meisel (Berlin / DE), PD Dr. med. Christian Meisel (Berlin / DE), Dr. med. Maximilian Nikolai Schöls (Berlin / DE)
Abstract-Text (inkl. Referenzen und Bildunterschriften)
Fragestellung: Die Schlaganfall-assoziierte Pneumonie (SAP) ist mit einer schlechteren Prognose (von Patienten mit Schlaganfall) assoziiert. [NC1] Die Prävention oder frühzeitige Therapie einer SAP könnte dementsprechend die Prognose verbessern.
Diese Studie untersuchte deshalb, ob durch Verwertung umfangreicher klinischer Daten im Rahmen eines Data Warehouses und Nutzung von maschinellem Lernen (ML) das Auftreten einer SAP präziser vorhergesagt werden kann. [NC2]
Methoden: Das hier angewendete ML-Modell nutzt sowohl klinische und Laborparameter als auch Überwachungsdaten wie Herzfrequenz (HR), Herzfrequenzvariabilität (HRV) und Blutdruck (BP), die in den ersten 48 Stunden nach Aufnahme in die Stroke Unit aufgezeichnet wurden. Mittels logistischer Regression wurde ein Klassifikationsmodell trainiert und validiert und wiederholt an Daten außerhalb der Stichprobe getestet (Nested-Cross-Validation). Für jede Wiederholung wurde das trainierte Model bei einem Sensitivitäts-Schwellenwert von 0.9 fixiert, an den Testdaten außerhalb der Stichprobe evaluiert und mit einem validierten klinischen Score (A2DS2) verglichen.
Ergebnisse: Wir identifizierten 1686 Patienten, die zwischen Oktober 2020 und Juni 2023 auf zwei Schlaganfallstationen der Charité behandelt wurden. SAP wurde bei 88/1686 (5,2%) diagnostiziert. Die zirkadianen Profile der HR-, HRV- und BP-Metriken während der ersten 48 Stunden nach der Aufnahme wiesen signifikante Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne SAP-Diagnose auf. Wir erhielten eine AU-ROC von 0,92 (CI 0,90-0,95) für das ML-Modell auf den Testdaten im Vergleich zu einer AU-ROC von 0,85 (CI 0,79-0,93) für den A2DS2-Score. Alter, Schwere des Schlaganfalls bei Aufnahme, CRP, Leukozytenzahl, HR, diastolischer Blutdruck und HF, sowie LF/HF der HRV-Metriken wurden als informativste[NC3] ML-Merkmale identifiziert.
Schlussfolgerungen: Eine automatisierte, Data-Warehouse-basierte Vorhersage von klinisch-apparenter SAP ist zeitnah und mit hoher Güte auf der Schlaganfallstation machbar. Sie könnte für die frühzeitige Identifizierung von Hochrisikopatienten oder ein prophylaktisches Pneumoniemanagement in der klinischen Routine nützlich sein.
Abb.1: Performanz des trainierten ML-Modells. A, die Receiver-Operating-Curves für die Out-of-Sample-Testdaten zeigen einen Leistungsgewinn des ML-Modells im Vergleich zum A2DS2-Benchmark. B, Sensitivität und Spezifität.