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Neurophysiologische Korrelate der Differenzierungsmöglichkeit musikalischer Merkmale: eine EEG-Studie mit Kleinkindern sechs Monate nach Cochlea-Implantation

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Abstract

Musik ist Bestandteil fast jeder Kindheit. Schlaflieder beruhigen schon die Jüngsten, und mit Reimliedern entdecken Kleinkinder die Sprache. Wie jedoch nehmen Kinder mit Cochlea-Implantaten (CI) Musik wahr? Welche musikalischen Eigenschaften sind über CIs verfügbar? In dieser Studie untersuchen wir die neurophysiologischen Verarbeitungsprozesse von Kleinkinder nach 6monatiger Hörerfahrung mit CIs hinsichtlich musikalisch und sprachlich relevanter Aspekte. Zum Vergleich wurden Daten normalhörender (NH) Kindern gleichen Höralters erhoben.

Es gingen 17 bilateral früh versorgte CI-Kinder (vor dem 3. Lebensjahr), in die finale Analyse ein. Die EEG-Messung fand um den 6. Monat nach Erstanpassung statt (+/- 2 Monate). Die Kontrollgruppe umfasste 21 normalhörende Kinder (+/- 3 Wochen). Alle Kinder wurden mit einem musikalischen Multi-Feature-Paradigma im Freifeld gemessen. Jede 2. Instanz dieser Viertonfolge enthielt eine Abweichung auf dem 3. Ton in einer der folgenden Bedingungen: Tonhöhe (+/- 50ct), Timbre (Piano vs. Radioklang), Tonintensität (-9dB), Rhythmus (-26ms) und einer Kombination aus Rhythmus und Tonhöhe (-26ms + Triole statt Achtelton). Es wurde die Differenzkurve zwischen den elektrisch evozierten Potentialen der jeweiligen devianten Bedingung und der Standardbedingung (Viertonfolge ohne Abweichung) auf Elektrode Fz berechnet. Ein statistisches Auswertungszeitfenster von 40ms wurde um den ermittelten Peak zwischen 100 und 200ms der Differenzkurve gelegt. Ein signifikant negativerer Wert für die deviante Kurve wird als Mismatch Response und somit als akustische Differenzierungsleistung gewertet.

Da der Peak oft nicht eindeutig zu ermitteln war oder sich zwei Peaks zeigten, wird sowohl der frühere als auch der spätere Peak berichtet. Für beide Zeitfenster ergab sich ein hoher Anteil von CI- und NH-Kindern, die einen Peak in der Differenzkurve zeigen (CI: mind. 13 von 17 Kindern; NH: mind. 15 von 21 Kindern). Sowohl CI- als auch NH-Kinder zeigten einen signifikanten Unterschied (p<.05) in allen Bedingungen und für beide Zeitfenster.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die auditive Differenzierung in der implantierten Population selbst bei geringen Abweichungen von 50 ct (1/2 Halbton) bemerkenswert nah an der von normal hörenden Kindern ist. Wir folgern, dass die Mehrheit der implantierten Kinder die untersuchten Dimensionen gut wahrnimmt, selbst wenn die sensorische Stimulation des auditorischen Kortex in den ersten 1-2 Lebensjahren gefehlt hat.